Page 30 - gasolin#07
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habe eine kurze collage aus zeitungsmeldungen zu- fühle . . . werde ich von der stationsschwester in un-
sammengestellt: sanften tönen geweckt und humpel aufs klo um mir
todesgefahr welkt wie ein grundstück, das keiner kau- über einem fetzen aus den st-pauli-nachrichten einen
fen will / zudem weist sie eine fälschung auf die in runter zu holen
den mumien weiche fingernägel wachsen Iäßt als der
blaue unfall die opfer blockierte, bildeten sich die er- döse den tag lang so herum / sehe im traum essge-
sten kompaßhaufen schirr und höre gefilterte stimmen von der baustelle
vor dem krankenhaus . . frühsti.ick wie üblich . . .
beim essen erzählte ein neuhinzugekommener patient dummes gequatsche
ständig von seiner altersbedingten zuckerkrankheit.
ein andermal, als wir über das prostataleiden des
musikprofessors gesprochen hatten, nahm er mich 26.1.7L
beiseite und sagte: "wissen sie junger mann, wenn sie lese in einer zurrealistischen zeitung, die aus alten an-
mal nicht pinkeln können, da gibt es nur eins: sofort noncen artikeln über sport und fragmentarischen
a)m arzt sofort zum arzt! " ich nickte ganz verdattert stücken riber die automobilindustrie zusammengesetzt
rst...
die ausgabe ist wie frisch von der druckerpresse aber
t8.I.7I nach ihrem datum aus der zeit der jahrhundertwende.
obskure gestalten, ein bunter reigen blaurotgelb-ka- das heft beginnt wie ein roman über die fliegerei
rierter mädchen dreht sich immer schneller im kreise wo las ich diesen schmarren? in einem cafe auf einer
und Iöst sich in sonnenschirme auf / ich bewege mich sommerwiese, wo lilienthal vorbeiflog! sei gegrüßt
zwischen bärtigen derwischen und trickkünstlern bis alter raucher!
ein taschenspielertrick mich aus dem doppelten bo-
den meines traums zurückholt auf die graue sftaße wo
Iichtreklamen grade verlöschen / wieder wirbelt ein 27.1 .71 (nachmittags)
mädchenpaar im walzerrhythmus an mir vorbei es reg- fortsetzung des traums: hügelige wiese im comic-
net etwas konfetti / es ist ein traum im traum wie ein strip-stil in der nähe einer kleinstadt. daniel düsen-
knallbonbon, der aufplatzt und aus dem weitere klei- trieb hat jahrelang an seiner selbstvernichtungswie-
deraufbaumaschine gearbeitet. jetzt drückt er einen
nere knallbonbons herausfliegen . . .
knopf und wartet, daß die eingeworfene schlacke
(reste irgendwelcher atomversuche) zu zucker mohr-
20.L.7L rüben und schwarzbrot verarbeitet werden. er eilt ha-
"ihr fieber ist über hundert! " elektroschock schweißt stig von einer apparatur zur andern und entnimmt der
mich ans bett / alles nur das nicht! aber ich werde ge- automatenausgabe schließlich ein frühstück. die ganze
weckt bevor ich als terziär (teer-zieh-er!) ablagerung szene spielt wohl nach dem krieg . . .
in meiner eigenen pfeife verschmore
29.)..7r
2L.L.7t werde in einem hochhaus gefangen gehalten. kriege
die wände dieses zimmers, wo mir blut abgenommen nur bananen zu essen. als meine wächter für einige
wurde, bewegen sich wie nachtkäferflügel / ich schaue stunden den raum verlassen, schaue ich durch das ver-
aus dem raum in ein fenster, nein es ist ein zerrissenes gitterte fenster: ich befinde mich etwa im zehnten
gespräch, gesichter meiner freunde um mich herum stock. zuche verzweifelt nach einem auswe!;. schließ-
Iich ritze ich in eine bananenschale "hilfe, werde ge-
fangengehalten, irgendwo im zehnten stock!" und
22.t.71 werfe die schale durch die fensterklappe . . .
sehe diese aufgequollenen venen meiner mutter,
schrei, Iaufe durchs zimmer; was machen die anderen später falle ich in einen dumpfen schlaf /monotone
bloß? mein vater mein bruder? sehe wieder diese bei wiederholungen der wärter: "gleich haben wir ihn so-
ne . . . verfaulte venen in nahaufnahme /angstausvio- weit!" jetzt die nadel! halten sie seinen arm fest! ich
Iettem rot / venenbrand dunkler raum und im off der spüre den einstich und die eben gespielte szene läuft
nachhall einer diagnose wie durch ein telephon ge- noch einmal ab . . .
sprochen / wenn vor die muschel ein blutiges taschen-
tuch gehalten wird / wache im selben moment auf als
die morgenschwester meinen puls fühlt / 3.2.7L
zwei büroklammern sind das einzige, was ich von mei-
nem traum festhalten kann / erwache mit einer erek-
23.L.71 tion /latsche aufs klo und lasse warmwasser in die
hänge in irgendeiner bude rum liege auf einem wilden wanne laufen / gehe zurück in den tagesraum, der an
mädchen ne wahnsinnig leidenschaftliche sache / drin- den schlafsaal grenzt und frage: "will noch jemand
ge in sie ein und plötzlich wird meine eichel mein gan- aufs klo ich möchte jetzt baden?" niemand. gut. es ist
zer schwanz transparent. auch ihr inneres mit allen or- abend geworden. die meisten lesen. ich schließe ab
ganen ist jetzt deutlich zu erkennen / schamlippen und törn mich an. die transaminasenwerte sind besser
wie rosa wackelpeter / blaue venen als schöne flüsse geworden seit ich wieder'n bißchen shit geraucht hab.
wie auf einer landkarte /fruchtbare landschaf.ten /sie ich seh all die blumen, die die andern bekommen ha-
beginnt zu stöhnen als wir uns immer heftiger und ben und die über nacht immer ins badezimmer ge-
stellt werden und denke wie bei ner beerdigung.
wilder bewegen / ihre augen spiegeln mein gesicht . . .
als ich die welle unserer Iust wie einen flash kommen schönl
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