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DIE E
SCHWARZE SCHE
STADT DT
Zunächst ist es nur eine Ahnung, daß mit dem Kaff Wir landen auf einem modernen Flughafen in der
etwas nicht in Ordnung ist. Die Vorsichtigen (wie Wüste. Alles ist grell & gelb, ohne Tiefenschärfe, der
Louis die Kröte oder Toni der Knirps) tauchen nicht Geruch verbrannten Fleisches hängt in der Luft. Auf
mehr auf. Es gibt jede Menge Gerede: "Die Kubaner den Stufen zur Schalterhalle sitzt ein Derwisch mit
sind im Anrücken. Die CIA hat alles fest in der Hand. einer Wasserpfeife.
Aus der Traum, ich weiß, was passiert, wenn die Mau- Eine undeutliche, entfernte Melodie hängt über dem
Mau-Typen Oberwasser kriegen." An ungestörtes Ar- Golf. Im KIo pißt ein Araber ins Waschbecken, wa-
beiten ist nicht mehr zu denken, ich versuche die rum nicht? Es riecht nach geölten Körperteilen.
Stadt zu verlassen. (Eine feuchte Kippe auf dem Mauervorsprung unter
Der schwarze Kofferträger im Old Stanley fragt: dem Spiegel.)
"Wollen Sie außerirdischen Körper von hinten?" Der Scheich hat rote Socken an & verliest im Fernse-
Ein wilder Schrei als die ältere Touristin eine krepier- hen eine. Regierungserklärung unterbrochen von Rülp-
te Kakerlake unter ihrem Bett entdeckt. "Aber Lady, sern & dem Geschrei eines unsichtbaren Knabenchors.
das ist doch nichts. Warten Sie, bis wir mit Ihren (Es ist die Begleitmusik des jährlichen Kastrations-
Landsleuten fertig sind." rituals.) Unter den Beobachtern bei der anschließen-
Der Präfekt stolziert mit einem weißen Strohhut täg- den Militärparade erkenne ich Toni in der Uniform
lich einmal die Hauptstraße rauf & runter. Manchmal eines englischen Majors. Ich will ihn warnen, ich ken-
bleibt er stehen & hält kurz Gericht: "Was ist pas- ne die Strafe für diese Deals, die sein Steckenpferd
siert? " sind, aber ich komme nicht ran an ihn, zuviele
"Der CIA-Mann hat sich direkt in mein Buschmesser Schnüffler, zuviele falsche Agenten, zuviele Tropen-
gesttirzt, Bwana." anzüge. Amerikanische Süaßenkreuzer entlang der
Die Leiche Iiegt noch auf den Stufen der Bezirks- sandigen Straße.
Die Nacht über bin ich im Wagen unterwegs. Der
bibliothek, nicht schön anzusehn in der Hitze . . .
Auf dem Weg aus der Stadt komme ich bis an ein Highway aus der Wüste läuft mitten durch die Stadt,
Holztor (ähnlich einem Schlagbaum), das man nur ge- manchmal tauchen aus der Dunkelheit grell erleuch-
bückt passieren kann. Das Holztor wird von schwar- tete Restaurants oder Tankstellen auf. Einmal halte
zen Soldaten bewacht & als ich auf der anderen Seite ich, um was zu essen. Es gibt Hamburger in allen Va-
ankomme, hält mich einer von ihnen an & macht mir riationen ("Desertburger" oder "Allah's Treat" ge-
klar, daß ich eine Strafe zahlen muß. nannt).
Die Stadt hat breite Straßen mit bewachsenen Mittel- Der Besitzer des Restaurants macht eine Bemerkung
streifen. Das Leben beginnt hier nach Sonnenunter- über den Mercury als ich gehen will. "Nice car", viel-
gang. Taxifahrer bieten erotische Rundfahrten durch Ieicht hat er sich auch nur die Nummer gemerkt.
die Vorstädte an. Schatten von dunklen Mädchen lö- Um diese Zeit ist Ausgangssperre in der Stadt, es ist
sen sich aus der Dunkelheit, mit hohen Stimmen prei wichtig, sich nicht erwischen zu lassen. Uniformierte
sen sie ihre Fingerfertigkeit. Leise dröhnen Klima- in Streifenwagen patrouillieren die Straßen. Schließ-
anlagen. Weiße Söldner streifen über die Gehsteige, Iich werde ich von einem Jeep gestellt, erstes Licht
bewegen sich mit der Ahnungslosigkeit von Touristen, liegt schon auf den Dächern. "Aussteigen. Los raus,
manche haben Fotoapparate dabei. Hände auf den Kühler." Soldaten durchsuchen mei-
D. (mit der ich noch immer verheiratet bin) gilt mir nen Wagen & finden eine Taschenbuchausgabe des
zu verstehen, daß sie endlich jemand gefunden hat. Es Kamasutra, ein Vergehen, das weit mehr zählt, als
ist ein alter Häuptling mit grauem Haar & einem FIie- das Mißachten der Ausgangssperre.
genwedel in der Hand. Erschrocken sagt jemand,
"Was, der liegt doch im Sterben . . ."