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einem dieser linken schweinischen Blätter auf, in seine Zeit als Referendar abgerissen hatte, denn
der stand, daß er und seine Freundin einPaarzwecks Lateinlehrer und Religionslehrer sind immer ge-
gemeinsamer Freizeitgestaltung suchten. Sein alter fragt.
Traum ließ ihm nun keine Ruhe mehr, obwotrl er in. Als auch sein Vater starb, gab er sich als Buße für
zwischen schon zum Erwachsenen geworden war. seine bösen Gedanken, die er gegenüber seinem
lmmer noch suchte er seine Freundinnen nach dem Vater hatte, auf, sich jeden zweiten Abend von
I Motto aus: haste Lust auf Partnertausch, biste was. seiner Freundin eine schmieren zu lassen. Das
Nun kam so ein Treffen tatsächlich zustande und es geilte ihn sehr auf. Nach dem Tode seiner Mutter
I wurden tatsächlich die Partner- getauscht. Leider sagte er ja schon bekanntermaßen jedesmal nach
T überfiel ihn sein riesiger Kastrationskomplex, von vollzogenem Geschlechtwerkehr oder nachdem
dessen Existenz er bisher nichts gewußt hatte, und er gewichst hatte: was sollen nur die Leute den-
I es gelang ihm nicht, den Geschlechtsverkehr mit der ken?
i fremden Partnerin ordnungsgemäß zu vollziehen.
I Schuld am Ausbruch des Komplexes war die Erfül-
li
lung seines alten Wunsches nach Partnertausch.
Durch die Verwirklichung seines größten Wunsches
l wurde ihm bewußt, wie fad das Leben doch war.
Weil ihm die Langeweile des Lebens in aller Deut-
l lichkeit klar wurde, bekam er plötzlich Angst um
sein Ding, seinen einzigen Glücksspender.
Von nun an widmete er sich der Freundin, die beim
Partnertausch mitgemacht hatte, in ausschließlicher
Weise, da er aus Erfahrung wußte: sie würde ihm
seinen Pimmel nicht abschneiden. Da er befürchten
mußte, daß sein Kastrationskomplex erneut akut
werden könnte, wenn er wieder mal Partnertausch
machte, gab er sein bisheriges Lebensziel auf und
widmete nun sein Leben der §uche nach einem an
deren. Das wurde ihm aber bald zu philosophisch
und er suchte sich einen anständigen Beruf. Er wur-
de ein freischaffender Künstler: ein Lebenskünstler.
Er schickte seine Freundin auf den Strich, was die
sich auch ohne weiteres gefallen ließ, weil sie auch
nicht arbeiten wollte. Dieses tatenlose Leben gefiel
ihm aber überhaupt nicht und er untemahm etwas.
Er kaufte sich Gift und vergiftete einige Hunde, was
die Hundebesitzer sehr störte. Da er es aber bei
Nacht und Nebel tat, wurde er nicht gefaßt. Er ließ
es dann auch bald wieder bleiben.
Seine Mutter starb und er mußte zur Beerdigung ge.
hen. Der Leichenschmaus schmeckte ihm gar nicht
und er kotzte seinem Vater die Glatze voll. Er be-
kam eine geschmiert und dachte sich: was sollen nur
die Leute denken?
Die Ohrfeige seines Vaters bewirkte Veränderungen
in ihm, die niemand, der ihn kannte, mehr erwartet
hätte. Er überlegte, daß er seine Freundin auch nicht
ewig auf den Strich schicken konnte, irgendwann
würde es ihr zu blöde werden und sie ihm davonlau-
fen und dann würde er dastehen ohne Beruf und
Einkommen. Auf ersteres hätte er zwar geme ver.
zichtet, da es aber die Vorbedingung für letzteres
war, nahm er es eben auf sich. Er überlegte hin und
her, was er werden wollte und da er garnichts wer-
den wollte, aber etwas werden mußte, sagte er sich:
ich geh heute um Mitternacht in irgendein Wirtshaus
und frage den erstbesten Besoffenen nach dem Be-
ruf, bei dem man am wenigsten zu tun hat.
Der erstbeste Besoffene meinte: Fabrikbesitzer. Er
wies ilur zurecht, daß das doch kein Beruf sei. Das
leuchtete dem Besoffenen auch ein und der sagte
dann: wie wär's mit Lehrer? Er sagte sich: warum
nicht?
Er studierte, und zwar katholische Religionslehre
und Latein. Da war er nämlich in der Schule immer
so gut gewesen in diesen Fächern. Und als er die
Universität hinter sich hatte und auf die Schule Hans Kern stieß in der Schulbibliothek auf Bukowski. Un-
losgelassen wurde; da bekam er auch trotz des ser Mann in Bayern. Der jüngste Autor in dieser Nummer.
Fuck Yeahl c 1977 by Hans Kern
Lehrerüberschusses eine Anstellung, nachdem er
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