Page 7 - soulofstreet
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Darf, soll, muss ich das fotografieren?
Streetfotografie und Moral
Straßenfotografen sind Beobachter der
Gegenwart. Sie sind für ihr Handeln ver- Ein sehr schwieriges Kapitel, in das auch
antwortlich, aber trotzdem sollten sie mei- die Rechtsprechung eingreift. Der welt-
ner Meinung nach vor dem Auslösen nicht berühmte englische Streetfotograf Mar-
nachdenken. Für sich genommen ist das tin Parr hat seine Streets „gnadenlos“
zwar paradox, aber sind nicht Konformität aufgenommen, und auch der Schweizer
und Abweichung die Grundsteine für unse- Thomas Leuthard macht seine Streets,
re Lebenswelt? Und bestimmen sie nicht wie er sie für richtig hält. Vorher zu fra-
wiederum die Normalität? Und Normalität gen und Erlaubnis einzuholen, kommt
ist das, was die Straßenfotografie aufzeigt. für Leuthard nicht in Frage, weil gute
Motive für ein besonderes Street dann
bereits verschwunden sein können. Nach
Erst Kommt das Foto, dann die Moral.
der Aufnahme zu fragen und einen Korb
bekommen, riskiert er nicht. Er arbeitet
- Robert Lebeck
in dieser Hinsicht ähnlich wie Parr.
Ist Kriegsfotografie moralisch? Nackte
Im Prinzip gibt es keinen ersichtlichen
Grund, darauf zu verzichten, auf den Aus- Eingeborene in Afrika? Ich denke, dass
löser zu drücken, um eine Szene festzuhal- man seinen Stil für sich finden muss und
ten. Allein das Fotografieren schadet nie- in diesem Rahmen die Gesetzeslage
mandem, erst die Veröffentlichung eines „weitgehend“ berücksichtigen sollte. Ei-
Bildes kann Probleme aufwerfen. Jeder er- ne klare Lösung wird es nicht geben, da
fahrene Straßenfotograf sammelt mit der das „besondere“ Street häufig im Kon-
Zeit genug Alltagswissen, um nach dem flikt mit Regularien steht.
„Klick“ beurteilen zu können, was mit dem
Gerd Bonse, Köln
Bild geschehen soll.