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G R EGOR POT T schirm. Merke, das Lokal ist ein Zugabteil, offenes
Fenster, Inges Haar im Wind, vorüberziehende Häuser-
ketten, geziegelte Dächer. Ein Feld, über das mehrere
weiß-gekleidete Gestalten laufen, auf einen Wald zu
. "war das der Shanghai Express?" Eine Mädchen-
stimme fragt nach einer Zigarette.
Der Eismann jetzt in einer Uniform, wir hocken auf
Toilettensitzen, irgendein Platz in der Stadt, herun-
tergelassene Hosen. Wir unterhalten uns über die hek-
tischen Passanten hier, Männer und Frauen. Günther
kommt vorbei, faßt mir an die Eier, drehe mich um
und sehe eine Rolladentür. Der Uniformierte davor,
unter ihm eine Fallttir, die sich jetzt öffnet. Er salu-
tiert und versinkt, laut lachend.
Verlasse einen Raum mit glänzenden metallenen Zan-
gen und Meßgeräten. Ein langer, dunkler Gang, Trop-
fen, rötliche Farbe, fallen von der Decke. Ich bücke
mich und lege einen Finger in eine Lache auf dem
Boden, führe ihn zum Mund und schmecke etrvas
Süßliches. Kann mir nicht erklären, was das sein soll-
te. Musik und gedämpfte Stimmen. Stoße mich an ner
herumstehenden hölzernen Kommode. Ich schwitze.
Nasse Kleider. Bin mit einer Gruppe von Menschen
im Aufzug, alle stehen mit dem Kopf zur Wand und
sehen zur Decke. Der Fahrstuhl hält. Leute strömen
aus dem Inneren eines Busses auf die Straße. Tragen
Iange Kleider und Mäntel. Ich erkenne Dominik, hat
die Züge eines alten Mannes, spielt mit nem Yo-Yo
und spricht ein paar unverständliche Worte leise vor
sich hin. Wir stehen an einem langen Tisch, etwas wie
ein kaltes Büfett. D. sagt "Du und deine Freunde"
. . . "Genau." sage ich.
Ein glänzendes Foto, das einen Mann mit langen
Locken vor der gekachelten Wand eines U-Bahn-
schachts zeigt. Er Iäuft fort, sieht dabei mehrmals
über die Schulter zurück. Will mir das Foto genauer
ansehen, da dreht der Mann um, nimmt es mir aus der
Hand, zerreist es und Iäßt die Fetzen lächelnd auf die
8E'rffii Gleise fallen. Bin sehr traurig und sehe weinend in ein
verregnetes Straßenbahnfenster. Sitze jetzt mit dem
üne Mann auf ner Bank vor einer Reklamewand. Er gibt
mir ein Buch und eine Handvoll Pillen "versuch die
mal", das gelöcherte Lederetui eines Cassettenrecor-
ders schaut aus seiner Manteltasche. Wir stehen auf
einer Rolltreppe, landen auf einem menschenleeren
Platz, mit Blumenkübeln, Sitzbänken, Fahrradstän-
dern, einem Kiosk. Höre den Motor eines Wagens, der
Platz ist in grelle Farben getaucht.
In einer Imbißbude starre ich auf einen Fernseher.
Der Tiger dort in der Manege, der einer nur notdürf-
tig bekleideten Dame mittels eines brennenden Rings,
den er zwischen den Zähnen hält, Feuer gibt. Drücke
meine Zigarette in einer Blechschachtel mit schmo-
rendem Schamhaar aus. "An den Tischen wird Be-
dienungsgeld erhoben!" "My obsession is your
Zwei Typen an einem Küchentisch, mit freiem Ober- posession." Die Stones oder wer latschen über den
körper, breitkrempige Hüte auf dem Kopf, MPs im abgebrannten Weihnachtsmarkt. Typ im Pelzmantel,
rechten Armwinkel. Rauch von einer Zigarette steigt der mich schon seit Stunden verfolgt. Sein Motorrad
zur Deckenlampe auf . . . beüete mit Inge ein Lokal, Iehnt am Bretterzaun des Bibliotheksneubaus. Blaue
o kleine Tische, getopfte Palmen in den Ecken, die klei- Rauchkringel lösen sich auf an der schmierigen Fen-
o.
nen Cola-Flaschen, James Dean Plakate, das Pepper- sterscheibe des Schuppens. Kaugummirakete und
o
o
o mint it der Zülpicher Straße. Will Eis kaufen, aus ner Wundertüten. Alle Passanten, ich beobachte sie vom
o Gruppe von einem der Tische löst sich einer der Ty- Fenster aus, haben ne blaue Plastiktüte über den
pen von eben, ohne Hut, blutige Narben auf gebräun- Kopf gezogen. Spüre den Schalthebel eines Autos im
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tem Glatzkopf, holt einen Eiswagen hinter einem ge- Mund, Geschmack von Metall auf der Zunge. Christia-
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blümten Vorhang hervor, auf Rädern, mit Sonnen- ne, eine Figrr im Fenster eines vorbeifahrenden VW.
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