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DIE FRAGE NACH DER MORAL
Die Realität ist manchmal gnadenlos – darf man sie als Streetfotograf einfangen?
Viele Streetfotografen treibt die Frage um, Habe Mut, dich deines eigenen Ver-
ob sie das Recht haben, Menschen in allen standes zu bedienen!
Lebenslagen zu fotografieren. Missliche
Umstände, kompromittierende Situationen, ist (auch) das Individuum gefragt, wenn es
unglückliche Momente – darf man das auf darum geht, ob eine Handlung moralisch
Fotos festhalten? Streetfotograf Marc Bar- vertretbar ist oder nicht.
kowski geht diesem Thema nach und
sucht, ganz subjektiv, nach Antworten. Seither versuchen die Menschen, mithilfe
ihres eigenen Verstandes solche Fragen zu
Wer stets auf den Spuren des menschli- lösen. Mitunter beschreibt Moral also
chen Alltags ist, stößt unwiderruflich auch Handlungen, die ein Mensch oder eine Ge-
auf schicksalsschwere Situationen und sellschaft von anderen Mitmenschen er-
Momente. Obdachlose, Drogensüchtige, wartet. Sie soll dafür sorgen, dass Men-
Betrunkene – sie alle gehören zu einer schen ein bestimmtes Verhalten an den
Stadt wie der Bürgermeister ins Rathaus. Tag legen.
Gerade weil sie aus dem Straßenbild nicht
wegzudenken sind, geraten sie oft in den Moral kann auch einfach das Gegenteil von
Fokus von Streetfotografen. schlechten Handlungen meinen. Wenn man
also von „moralisch gut“ spricht, beschäf-
Aber was ist Moral? tigt sich vor allem damit der Mensch, was
als richtiges, gutes oder gerechtes Handeln
Früher gab die Bibel Antworten auf die angesehen wird. Moral kann sich sowohl
Fragen der Werte und dem richtigen Han- auf die Sitten einer Gesellschaft als auch
deln. Spätestens seit Immanuel Kants auf die Taten einer Person beziehen.